Dr. Janine Stutz im Porträt
"Wenn der Knochen nicht heilen will"
Wieviel Prozent Ihrer Tätigkeit wenden Sie für Klinik bzw. Forschung auf?
Janine Stutz: Durch das bereits 2004 in unserer Klinik etablierte Rotationskonzept ist es möglich, ein Jahr für Forschungstätigkeiten freigestellt zu werden. Aktuell befinde ich mich in dieser Befreiung und kann nahezu 100 % meiner Arbeitszeit für Forschung nutzen. Zukünftig werde ich in meiner Facharztweiterbildung aber auch Phasen erleben, in denen ich fast die gesamte Arbeitszeit in klinische Tätigkeiten investieren und die Forschung an freien Wochenenden und Abenden weiterführen werde.
Warum haben Sie sich dafür entschieden, wissenschaftlich tätig zu sein? Was begeistert Sie an der Forschung?
Janine Stutz: Bereits im Studium habe ich begonnen, mich für die Forschung zu interessieren. Durch meine Promotion und die Zusammenarbeit mit meinen Mentoren entwickelte sich dieses Interesse zu einer neuen Leidenschaft. Das Wechselspiel zwischen Klinik und Forschung ist ein weites und spannendes Feld mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten zur Entfaltung innovativer Ideen und Entwicklung neuer Projekte. Bei uns wird dies durch die enge Zusammenarbeit mit dem Institut für Klinisch- Experimentelle Chirurgie, dem Klinischen Studienzentrum, dem Lehrstuhl für Innovative Implantatentwicklung sowie unserem Molekular- und Zellbiologischen Labor ermöglicht.
Was möchten Sie langfristig mit Ihrer Forschung erreichen? Was ist Ihr „großer Plan“?
Janine Stutz: Das primäre Ziel meiner Forschung ist natürlich die Habilitation. Langfristig möchte ich die in der Grundlagenforschung gewonnenen Erkenntnisse über die gestörte und physiologische Frakturheilung in die klinische Tätigkeit übertragen können. Diese Translation in den menschlichen Gesamtorganismus ist aufgrund seiner Komplexität eine große Herausforderung, auf deren Basis man neue Therapiekonzepte und Versorgungsprinzipien zur Verbesserung der Patientenversorgung entwickeln kann.
Wie können Ihrer Meinung nach mehr klinische Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen zur eigenen Forschung begeistert werden?
Janine Stutz: Das Fachgebiet O und U bietet vielfältige Forschungsmöglichkeiten. Viele Studierende sind sehr interessiert an experimenteller oder klinischer Forschung. Durch die bei uns vorherrschende Infrastruktur mit eng kooperierenden Forschungsinstituten und einem Studiumskonzept, das allen Studierenden ein Freisemester im klinischen Studienabschnitt für die Forschung gewährt, sind die äußeren Rahmenbedingungen bereits geschaffen, um Nachwuchs zu akquirieren. Darüber hinaus versuche ich, meine Begeisterung und Leidenschaft für die Forschung an die jungen Studierenden weiterzugeben und mit einer guten Betreuung und einem gemeinsam erarbeiteten Projektplan eine offene und angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
Zudem haben alle ärztlichen Mitarbeitenden in unserer Klinik die Möglichkeit, sich ein Jahr für die Forschung freistellen zu lassen und sowohl materiell als auch bei der Projektentwicklung und -durchführung durch die erfahreneren Forschenden unterstützt zu werden, um das Ziel der Habilitation zu erreichen.
Welche Herausforderungen / Hindernisse mussten Sie überwinden, um Forschung zu betreiben, und was raten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs?
Janine Stutz: Bereits die Wahl der Klinik für die Facharztausbildung bildet den ersten entscheidenden Schritt. In meinem Fall konnte ich meine erste Arbeitsstelle in der Klinik, in der ich schon meine Promotion durchgeführt hatte, antreten. Noch viel entscheidender ist die intrinsische Motivation und Begeisterung, die jeden Forschenden täglich antreibt, Projekte zu entwickeln und durchzuführen. Aus Rückschlägen und Schwierigkeiten, die zwangsläufig auftreten, sollte man einen Lernfortschritt generieren und immer sein Projektziel verfolgen. Mit einem guten Team aus Mentoren und anderen Forschenden kann ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt eine hohe Zufriedenheit im gesamten Team generieren und für weiteres Zusammenarbeiten motivieren.
Welches der von Ihnen bislang betreuten Forschungsprojekte hat Sie am meisten begeistert und warum?
Janine Stutz: Meine aktuellen Forschungsprojekte zur gestörten Frakturheilung im Mausmodell begeistern mich am meisten, da dies mein erstes großes selbst entwickeltes und durchgeführtes Projekt darstellt. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend und motivieren mich, weiterführende Projekte zu kreieren, um hoffentlich zukünftig diese Erfahrungen und Ergebnisse auch in die Klinik transferieren zu können. Darüber hinaus gefällt mir die Zusammenarbeit mit meinen Doktorandinnen und Doktoranden sehr, die ich auch bereits für die Forschung und das Fach O und U begeistern konnte.
Welchen Stellenwert nimmt nach Ihrer Ansicht die Forschung in O und U ein?
Janine Stutz: Meiner Meinung nach nimmt die Forschung in O und U einen enorm großen Stellenwert ein, der weiterhin gefördert und gestärkt werden sollte. Muskuloskelettale Erkrankungen stellen in jedem Lebensalter eine Herausforderung in der klinischen Behandlung dar. Das wird durch den demografischen Wandel nochmals verstärkt. Auch wenn im Bereich der Knochenheilung schon einige Fortschritte durch die Entwicklung verschiedener Implantate und Operationsprinzipien erzielt wurden, gibt es weiterhin einen Optimierungsbedarf in der Versorgung der verzögerten Frakturheilung und Pseudarthrose.
Wie vereinbaren Sie Forschung und Familie miteinander?
Janine Stutz: Eigene Kinder habe ich noch keine. Aber generell bedarf es einer guten Organisation und eines hervorragenden Zeitmanagements, um Familie, Klinik und Forschung zu vereinen. Da Forschung eine meiner Leidenschaften ist, investiere ich dafür auch gerne einen Teil meiner Freizeit. Ich nehme mir aber natürlich auch genügend Zeit für meine Familie und meinen Partner, um zur Ruhe zu kommen und neue Energie zu schöpfen.