Dr. Robert Ossendorff im Porträt
"Forschung macht Spaß"
Wie teilen Sie Ihre Tätigkeit zwischen Klinik und Forschung auf?
Robert Ossendorff: Grundsätzlich verbleibt während der klinischen Tätigkeit und der Dienste als Assistenzarzt nur wenig Zeit für die Forschung; ein großer Teil ist außerhalb der regulären Arbeitszeit zu leisten. Für umfassende grundlagenwissenschaftliche Fragestellungen reicht die verbleibende Zeit meines Erachtens nicht aus. Daher bin ich froh, dass es an unserer Klinik die intramurale Förderung („BONFOR Gerok-Stipendium“) gibt, mit der es ermöglicht wird, bei Erhaltung der ärztlichen Stelle für die Forschung ein Jahr freigestellt zu werden. Dieses Jahr habe ich genutzt, um mit Unterstützung des Laborleiters PD Dr. Frank Schildberg eine Nachwuchsgruppe zum Thema Knorpelregeneration zu etablieren. Ich freue mich sehr über die bereits stattgehabte positive Zwischenevaluation mit einer Verlängerung des Stipendiums für weitere zwei Jahre. So kehre ich zu 50 % in die Klinik zurück und bleibe der Grundlagenforschung nachhaltig erhalten.
Warum haben Sie sich dafür entschieden, wissenschaftlich aktiv zu sein? Was begeistert Sie an der Forschung?
Robert Ossendorff: Es gibt viele Aspekte: zum einen die Entwicklung neuer Methoden, mit denen ein tiefer Einblick in zugrunde liegende Mechanismen gelingt, und die Entwicklung neuer Therapien der Zukunft im Bereich Arthrose und Knorpelregeneration, zum anderen der großartige wissenschaftliche Austausch im Forschungsteam, aber auch international in Kollaborationen und auf Kongressen. Forschung ist eine Teamarbeit – es erfüllt mich immer wieder mit großer Freude, das erworbene Wissen in die Welt zu tragen und mich mit anderen Forschern auszutauschen.
Was möchten Sie langfristig mit Ihrer Forschung erreichen? Was ist Ihr „großer Plan“?
Robert Ossendorff: Ziel unserer Arbeitsgruppe Knorpelregeneration ist, die Mechanismen der Inflammation bei Gelenkpathologien wie der Arthrose zu verstehen und entsprechend therapeutische Möglichkeiten der Immunmodulation zu entwickeln. Ein wesentlicher Fokus liegt hierbei darauf, in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Prof. Bernd Giebel (Universitätsklinik Essen) und dem AO Forschungsinstitut Davos, den möglichen therapeutischen Einfluss von extrazellulären Vesikeln mesenchymaler Stammzellen zu untersuchen. Es wäre natürlich großartig, wenn im Verlauf die Translation in die klinische Anwendung gelingt.
Wie können Ihrer Meinung nach mehr klinische Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen zur eigenen Forschung begeistert werden?
Robert Ossendorff: Zunächst ist die persönliche Motivation entscheidend, die Begeisterung für Forschung sollte von einem selbst ausgehen. Aber auch die Umgebung muss eine wissenschaftliche Entfaltung ermöglichen. Das kann meines Erachtens schon im Studium beginnen. Studierenden sollte frühzeitig vermittelt werden, dass Forschung Spaß macht. Die medizinische Doktorarbeit ist hierbei die Eintrittskarte in die Forschungswelt. Auf diesem Fundament lässt sich in der Weiterbildung weiterarbeiten. Gerade bei grundlagenwissenschaftlichen Themen ist während der Weiterbildung die Möglichkeit der intramuralen Förderung und Freistellung von der klinischen Tätigkeit essenziell. Hier bin ich froh, dass es an der Universitätsklinik Bonn entsprechende Förderinstrumente gibt, und dass die volle Unterstützung seitens unseres Klinikdirektors Prof. Dr. Dieter C. Wirtz besteht.
Welche Herausforderungen / Hindernisse mussten Sie überwinden, um Forschung zu betreiben, und was raten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs?
Robert Ossendorff: Das Wichtigste aus meiner Sicht ist, Spaß an der Arbeit zu haben. Es geht nicht darum, was andere wollen, sondern darum, was man selbst erreichen möchte. Macht Euch einen guten Plan und hört auf das eigene Bauchgefühl. Der Weg muss nicht immer gradlinig sein und gerade Forschung erfordert ein hohes Maß an Geduld, Zeiteinsatz und Frustrationstoleranz.
Welches der von Ihnen bislang betreuten Forschungsprojekte hat Sie am meisten begeistert und warum?
Robert Ossendorff: Das war mein Forschungsaufenthalt am AO Forschungsinstitut Davos, während meiner Doktorarbeit mit dem Projekt „Autologous Chondrocyte Implantation in Osteoarthritic Surroundings – TNFα and Its Inhibition by Adalimumab in a Knee-Specific Bioreactor“. Das Jahr in den Schweizer Bergen in einem sehr international aufgestellten, weltweit führenden Labor für muskuloskelettale Regeneration hat mich persönlich sehr geprägt. Es war sehr ergreifend, zum Abschluss des Forschungsprojektes beim AGA Kongress als Student den Alwin Jäger Preis 2016 für klinisch innovative arthroskopische Arbeiten entgegenzunehmen. Heute profitiere ich mehr denn je von der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut und bin regelmäßig in Davos.
Welchen Stellenwert nimmt nach Ihrer Ansicht die Forschung in O und U ein?
Robert Ossendorff: Die Bedeutung der Forschung in diesem Bereich ist enorm. Wenn man sich beispielweise degenerative Erkrankungen wie die Arthrose anschaut, ist ein Großteil der Bevölkerung im Laufe seines Lebens genau davon betroffen. Leider gibt es weiterhin häufig keine adäquaten krankheitsmodifizierenden Therapien. Der Bedarf an Forschungsanstrengungen ist sehr hoch.
Wie vereinbaren Sie Forschung und Familie miteinander?
Robert Ossendorff: Das ist grundsätzlich bei guter Strukturierung möglich. Schwieriger wird es, die klinische Tätigkeit in Vollzeit mit Diensten und Forschung mit der Familie zu vereinbaren. Ich selber habe mich früh entschieden, die Herausforderung anzunehmen, und habe einen vierjährigen Sohn und eine sechs Monate alte Tochter. Mit der Freistellung für Forschung, die ich in der Klinik bekomme, lassen sich Forschung und Familie gut vereinbaren. Ein wesentlicher Baustein ist die exzellente Betreuung meines Sohnes in der klinikeigenen Kita. Das Wichtigste jedoch ist die starke Unterstützung meiner Familie, ohne die es in diesem Maße nicht ginge.