Kurze Vorgeschichte: Herr S, ein 67-jähriger Patient, erhielt 2011 (Abbildung 1) bei ausgeprägter Gonarthrose eine primäre KTEP rechtsseitig. Im weiteren Verlauf zog er sich 2017 eine periprothetischer Tibiafraktur zu, die mit einem Knieendoprothesenwechsel auf ein achsgeführtes Implantat (Abbildung 2) und Schaftverlängerung der Tibia im September 2017 ex domo therapiert wurde. Im Verlauf zeigten sich eine anhaltende Sekretion und eine partielle Nekrose am unteren Wundpol in unserer Notaufnahme vor.
Patientenbezogenen Angaben: Der Patient war bei der primären Vorstellung in einem reduziertem AZ und adipösem EZ (160cm, 110 kg Körpergewicht). Neben einer Hypercholesterinämie, einer Adipositas per magna und einer arteriellen Hypertonie wird ein gelegentlicher Alkoholkonsum angegeben. Weiterhin berichtet der Patient in der Vorgeschichte (Mitte 2017) eine tiefe Beinvenenthrombose erlitten zu haben. Zudem besteht bei Herrn S. ein Schlafapnoesyndrom, weshalb er zur Nacht ein CPAP Gerät verwende.
Verlauf: Bei zunehmender Wundnekrose und anhaltender Sekretion nach Prothesenwechsel bei periprothetischer Tibiafraktur erfolgt erstmals im Oktober 2017 die Vorstellung in domo.
Vorstellung in der Notaufnahme: Die erste Vorstellung erfolgte konsiliarisch im Rahmen unserer septischen Sprechstunde im Oktober 2017. Hierbei zeigte sich klinisch am distalen Wundpol über 6 cm Länge und 3 cm Breite eine oberflächliche ledrig verhärtete Nekrose der oberflächlichen Haut, ohne dass darunter Verhaltstrukturen vermutet werden müssten. Keine Fluktuation in der Tiefe. Angrenzend leicht nässender Bereich. Nach der klinischen Untersuchung des Patienten wurde ein Aufnahmelabor durchgeführt (Leukozyten 7.300 Leukozyten/ µl, CRP 31,3mg/l). Die weiteren Laborparameter zeigten sich, bis auf eine leichte Anämie (Hb 13,4 g/dl) unauffällig. Eine Peoneusläsion rechtsseitig war ebenfalls vorbestehend.
Eine Röntgendiagnostik des rechten Kniegelenkes in 2 Ebenen wurde eingeleitet. Hierbei zeigte sich eine stabil einsitzende Revisionsprothese ohne aktuelle Lockerungszeichen.
Procedere: Die stationäre Aufnahme erfolgte zunächst über die Kollegen der plastischen Chirurgie. Hier wurde im Dezember 2017 die Nekroseabtragung, ein Wunddebridement und eine Defektdeckung mittels M. Gatrocnemius-Lappenplastik und Spalthauttransplantation durchgeführt. Zudem erfolgte eine Neurolyse des N. peroneus. In den intraoperativ durchgeführten Abstrichen zeigte sich der Nachweis eines Candida parapsilosis, weshalb zunächst die antimykotische Therapie mit Fluconazol i.v. sowie anschließend oral erfolgte. Eine Peroneusfeder wurde rezeptiert.
Ende Novemeber 2018 erfolgte eine erneute Wiedervorstellung des Patienten in unserer Notaufnahme. Hierbei beklagte er rezidivierende lymphödematöse Schwellungszustände des Unterschenkels rechts, Knieschmerzen und radiologisch nachgewiesene Flüssigkeitsansammlung im Kniegelenk rechts. Eine Punktion des Kniegelenkes erfolgte im Dezember 2018, wobei sich eine chronische Infektion mittels Candida parapsilosis des rechten Kniegelenkes bestätigte.
Wir haben anschließend im März 2018 den Ausbau der einliegenden Kniegelenksprothese empfohlen, um den Infekt zu sanieren. Dies wurde jedoch Seitens des Patienten abgelehnt.
Im weiteren Verlauf zeigten sich die Weichteile des rechten Unterschenkels zunehmend mazeriert und belegt. Zudem sei der Patient erneut gestürzt. Eine erneut durchgeführte Röntgendiagnostik zeigte erneut eine periprothetische Tibiafraktur (Abbildung 3) bei einliegender achsgeführter KTP mit langem tibialem Stem und bekanntem periprothetischem Infekt mit Candida parapsilosis. Wir haben die Befunde ausführlich mit dem Patienten besprochen und in Zusammenschau der Befunde schließlich die Indikation zur Oberschenkelamputation gestellt.
Diese konnte komplikationslos im Mai 2018 durchgeführt werden (Abbildung 4 und 5).
Womöglich hätte der drastische Schritt einer Amputation durch eine frühzeitige Prothesensanierung, welche jedoch durch den Patienten abgelehnt wurde, verhindert werden können.